Auf Facebook wurde am 13. Juli 2023 der folgende Beitrag des Jüdischen Museum Frankfurt / Museum Judengasse veröffentlicht.

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#DruckereiDondorf Viele kennen den eindrucksvollen Schornstein des markanten Backsteingebäudes neben dem Bockenheimer Depot – doch nur wenige wissen um seine Geschichte. Das mag sich in jüngster Zeit geändert haben: Mehrere Wochen war die ehemalige Dondorf-Druckerei in Frankfurt-Bockenheim besetzt. Das historisch bedeutende Gebäude soll abgerissen werden und einem Neubau des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik weichen. Gestern wurde es von der Polizei geräumt. Dabei ist das Gebäudeensemble an der Sophienstraße ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Gewerbegeschichte und verleiht dem Stadtteil bis heute seine unverkennbare Silhouette.

Die Geschichte der Druckerei begann mit Bernhard Dondorf, der 1809 als Beer Doctor in der Frankfurter Judengasse geboren wurde. 1833 gründete er die „Graphische Verlagsanstalt B. Dondorf“, welche im wilhelminischen Kaiserreich zu einem international führenden Produzenten von Spielkarten und Banknoten avancierte. In jenen Jahren wurde, weil am alten Standort in der Altstadt nicht genügend Platz war, auch das Druckereigebäude mit den charakteristischen Segmentbogenfenstern an der Bockenheimer Warte erbaut. Zur Weltwirtschaftskrise sah sich die Familie gezwungen, die Druckerei zu verkaufen. Das Grundstück erwirbt 1928 die Union-Druckerei. Ab 1929 wurde dort die „Volksstimme“ hergestellt, die Tageszeitung der SPD.

1933 besetzte die SA die Union-Druckerei, enteignete die Eigentümer und druckte fortan das nationalsozialistische Volksblatt. Die Nationalsozialisten verfolgten die Familie Dondorf unerbittlich. Ihre Mitglieder wurden deportiert, begingen Selbstmord oder flüchteten. Helene Neumann, eine Enkelin von Bernhard Dondorf, wurde am 19. Oktober 1941 in das Getto Lodz verschleppt und wenige Wochen später ermordet. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude der Druckerei bombardiert und stark beschädigt. Nur der Schornstein blieb auf wundersame Weise stehen – nun ist er erneut vom Abriss bedroht.

1: Dondorf Druckerei © Archiv der Freunde Bockenheims e.V.

2: Bernhard Dondorf (1809-1902), Medaille von Augusto Varnesi, 1899 © Jüdisches Museum Frankfurt

Facebook-Eintrag am 13.07.2023, ca. 11 Uhr